Ausstellungskatalog
Neue Galerie - Staatliche und städtische Kunstsammlungen Kassel, 1982/83
Prof. Dr. Ulrich Schmidt
(...) Überraschen mußte deshalb der Wandel der letzten Jahre. Wenn Senger auch die phantastische Landschaft, in der der Mensch nicht auftritt, als Thema nicht aufgab, so hast der doch eine grundsätzlich andere Position des Betrachters eingenommen und das Spiel der Formen ins Ernsthafte gewandelt. Aus der traditionellen Ein-sicht in die Landschaft wird eine von oben erfolgende Auf-sicht. Das Mittel des Bildes dreht diese Sicht in die Wandparallele. Die Aufsicht wird zum Blick wie auf eine Wand, eine Mauer. Die gedrehte Perspektive verunsichert.
Die festen Konturen haben sich aufgelöst, schwebende Kleinformen, fast amorph, geschriebene Zeichen und Kürzel geben sich unbestimmt wie die ins Monochrome zurückgenommene Farbe. Der Zufall wird als künstlerisches Mittel erkannt und verdrängt die bis dahin herrschende Sorgfalt des Bildbaus. Die intensive Farbigkeit weicht dem stumpfen Grau-Braun.
Auschnitthaftes bringt dieser Wandel. Ein Thema wird nicht mehr behandelt. Senger setzt sich frei von literarischen Einengungen und bringt stärker persönliche Empfindungen ein. Beunruhigung geht von dieser Weltsicht aus, denn nicht mehr, wie bisher, begegnen wir Bildern, die als Naturvorstellung klar definierbar wären, sondern eher einer Verunsicherung an der Welt zu entwachsen scheinen.